„Was geht mich das Unglück des anderen an!“

„Was geht mich das Unglück des anderen an!“

Kaum jemand würde diesen Satz vermutlich so aussprechen. Und doch verhalten sich viele Menschen in gewissen Situationen genau so. Es gibt in letzter Zeit genügend Meldungen über Unfälle, bei denen Schaulustige Rettungseinsätze behindern. Eine ähnlich unglaubliche Situation beobachtete ich kürzlich, als eine Ambulanz zu jemandem gerufen wurde. Der Rettungswagen hielt vor dem Haus, in einer recht engen, abschüssigen Straße , und die Sanitäter eilten auf die Haustüre zu. Da kamen erboste Personen von oben herbeigelaufen und forderten die Sanitäter auf, den Wagen wegzufahren, damit sie vorbeifahren könnten. Ich traute meinen Ohren nicht: Sie hielten tatsächlich die Rettungskräfte auf, um lauthals „ihre“ Durchfahrt zu erzwingen. Die Sanitäter ließen sich nicht beirren, antworteten nur knapp und gingen ins Haus. Die Personen, ein jüngerer Mann und ein älteres Paar der besseren Klasse, zeterten weiter. Da kam von der anderen Seite das Auto mit dem Bereitschaftsarzt. Nun stürzten sie auf diesen zu: Er solle den Ambulanzwagen wegfahren. Er erwiderte, dass er nicht der Fahrer jenes Wagens sei, und ging ebenfalls ins Haus. Etwas später kam der Lieferwagen eines Handwerkers und hielt hinter dem Auto des Bereitschaftsarztes. Ein junger Mann stieg aus und sofort wandten die drei sich nun an ihn, um ihm ihr Leid zu klagen, wie unverschämt die Sanitäter doch wären, dass sie ihnen den Weg versperrten. Er antwortete: „Seien wir doch geduldig, da drin geht es jemandem gerade sehr schlecht.“ Doch das brachte sie noch mehr auf. „Ist DAS etwa ein Grund, UNS zu behelligen!“ riefen sie empört.

Es gibt Situationen, die möchte man schlichtweg nicht miterlebt haben.